Vom 28.08. bis 08.09. faden die Paralympics in Paris statt. Was am Ende in Erinnerung bleiben wird sind die beeindruckenden Bilder und die überragende Stimmung. Viele der Sportstätten versprühten einen ganz eigenen Charm. Besonders hervorzuheben ist hierbei das Grand Palais in dem die Wettkämpfe im Rollstuhlfechten stattgefunden haben.
An diesem Ort konnte auch der größte und etwas überraschende Erfolg gefeiert werden. Maurice Schmidt vom SV Böblingen gewann Gold im Säbel der Kategorie A. Er war zwar als einer der Mitfavoriten an den Start gegangen, aber in einem sehr starken Teilnehmerfeld war der Einzug und der recht deutliche Sieg im Finale nicht zu erwarten. Das Finale gegen Piers Gilliver war zu Beginn noch sehr ausgeglichen. „Der Brite hat mich am Anfang ein bisschen überrascht, aber ich konnte mich ziemlich schnell umstellen. In der Pause hat mir Sascha noch einmal gute Tipps gegeben, die ich genau so umgesetzt habe, und dann hat es einfach funktioniert“, sagte Schmidt strahlend. Unter großem Jubel gewann der 25-Jährige schließlich sensationell mit einem überragenden Ergebnis von 15:8 und war absolut überwältigt von diesem grandiosen Tag: „Ich bin so dankbar für alle, die mich bis hier unterstützt haben. Ich kann es immer noch nicht glauben, das gibt eine Riesenfete.“ Maurice konnte somit die erste paralympische Fecht-Medaille seit 2012 gewinnen.
Drei Tage nach dem großen Erfolg ging es im Degen-Wettbewerb weiter. Allerdings lief es hier nicht rund und so schied Maurice recht früh aus. Bereits im Achtelfinale hatte Schmidt deutlich die Auswirkungen der vergangenen Tage gespürt. „Das, was in den letzten zwei, drei Tagen passiert ist, das war so brutal für mich. Der positive Stress nach der Goldmedaille hat mich einfach überfordert. Und der Ukrainer Artem war heute richtig heiß. Ich wusste zwar, was ich machen will, aber das hat nicht alles funktioniert. Bei ihm hingegen hat heute einfach alles geklappt“, sagte Schmidt nach dieser Niederlage. Wenig Schlaf, viele Medienanfragen, Freunde und Familie, die ihn feiern wollten – all das hatte der jungen Fechter zu bewältigen.
Niko Kappel „verschenkt“ Gold und holt Silber
Die zweite Medaille für württembergische Athleten konnte Niko Kappel (VfB Stuttgart) gewinnen. Der Weltmeister und Weltrekordhalter hat seinen Paralympics-Medaillensatz vervollständigt. Nach Gold in Rio und Bronze in Tokio stößt Niko die Kugel in Paris auf 13,74 Meter und holt Silber.
Sein erster Versuch sollte sein bester sein: Nachdem Niko Kappel mit 13,74 Metern in den Wettkampf in Paris eingestiegen war, machte sich sein 80 Leute großer Anhang berechtigte Hoffnungen, dass der 29-Jährige vom VfB Stuttgart wie 2016 bei seinem Paralympics-Debüt in Rio de Janeiro Gold in der Klasse F41 holen könnte. Doch im zweiten Versuch machte sein usbekischer Dauerkonkurrent Bobirjon Omonov diese Hoffnungen zunichte, als er auf 14,32 Meter stieß – eine Weite, an die Kappel am Montagvormittag im Stade de France nicht herankam. „Ich kam gar nicht rein heute, ich habe alles versucht“, sagte Kappel sichtlich niedergeschlagen: „Ich konnte die Stimmung gar nicht so mitnehmen im Stadion. Eigentlich liebe ich das über alles, vor so einer Kulisse an den Start zu gehen und dann laufe ich nur mit 13,74 Metern raus, das ist ärgerlich. Es war absolut mehr als im Machbaren.“
Yannis Fischer in starken Feld Sechster
Yannis Fischer (VfB Stuttgart), der seit seinem WM-Sieg 2023 in Paris mit Rückenschmerzen und Bandscheibenproblemen zu kämpfen hat, belegte mit 10,56m Rang sechs im Kugelstoßen der Klasse F40. Wie eng das Teilnehmerfeld zusammen ist zeigt, dass der Sieger Miguel Monteiro mit 11,21m nur knapp 70cm weiter gestoßen hat. „Im Moment überwiegt die Enttäuschung. Das Feld ist sehr stark, wir waren alle dicht beieinander. Wäre mir ein Stoß rausgerutscht, hätte es vielleicht für eine Medaille gereicht. Am Ende Platz sechs wie in Tokio – so habe ich mir das nicht vorgestellt, auch wenn ich froh bin, dass ich überhaupt dabei sein konnte“, sagte der Athlet vom VfB Stuttgart, der dennoch etwas Positives mitnehmen konnte: „Es hat mich mega gefreut, dass das Stadion voll ist, ich hatte gehofft, dass es mich im Wettkampf trägt. Aber auch so ist es toll, dass die Leute so sportbegeistert sind, dass sie die Paralympics feiern und unterstützen, das ist auf jeden Fall ein schöner Weg.“
Jana Spegel und Thomas Brüchle verpassen die Medaillen knapp
Im Mixed-Wettbewerb der Klasse XD 7 gab es für Thomas Brüchle (Tischtennis Frickenhausen) und Sandra Mikolaschek kein Medaillen-Happy End. Das Duo unterlag in einem umkämpften Viertelfinale den an Nummer drei gesetzten Thailändern Yuttajak Glinbancheun und Wijittra Jaion mit 2:3 (11:9,10:12, 6:11, 11:6, 7:11). Mit einem Sieg wäre ihnen das Halbfinale und Bronze sicher gewesen.
Brüchle und Mikolaschek hatten sich nach zwischenzeitlichem 1:2-Satzrückstand in den entscheidenden fünften Durchgang gekämpft, dort aber gerieten sie nach dem 6:6 ins Hintertreffen. Das asiatische Duo zog auf 10:6 davon und sicherte sich den Halbfinalerfolg.
Im ersten Spiel des Einzel-Wettbewerbs feierte Thomas Brüchle einen ungefährdeten 3:0 (11:6, 11:8, 11:6) Sieg gegen den Spanier Eder Rodriguez. Der dreifache Paralympics-Medaillengewinner und Weltranglisten-Sechste Brüchle siegte in nur 20 Minuten. Im Viertelfinale wartete der chinesische Superstar Panfeng Feng. Der 48-Jährige verlor trotz eines großen Kampfs gegen den neunmaligen Goldmedaillengewinner aus China mit 1:3 (10:12, 11:7, 9:11, 7:11). Vor allem in den ersten beiden Sätzen bot Brüchle dem Chinesen nicht nur Paroli, er lag in beiden Durchgängen auch in Führung, den zweiten gewann er sogar. Unter dem Strich aber setzte sich die besondere Klasse des Chinesen in den entscheidenden Momenten durch.
„Enttäuscht bin ich nicht, im Gegenteil. Er ist der Beste der Welt, das muss man anerkennen. Obwohl er eigentlich unschlagbar ist, war ich dran. Er hat aber immer nochmal eine Antwort im Spiel. Insofern bin ich super zufrieden“, sagte Brüchle.
Paralympics-Debütantin Jana Spegel (Tischtennis Frickenhausen) zog in der Klasse WS1-2 ebenfalls bis ins Viertelfinale ein. Die WM-Dritte von 2022 gewann im ersten Spiel glatt in drei Sätzen gegen Ola Soliman aus Ägypten (11:2, 11:2, 11:0).
Im Viertelfinale war Jana allerdings ganz ohne Chance gegen die Südkoreanerin Su Yeon Seo. Die 21-Jährige unterlag klar in nur 14 Minuten 0:3 (1:11, 7:11, 2:11). Gegen die Weltranglistenerste und dreifache Paralympics-Silbermedaillengewinnerin konnte Spegel nur im zweiten Durchgang auf einen Satzgewinn hoffen. Eine 7:5-Führung reichte ihr aber nicht.
Im Mixed mit Valentin Baus und Doppel mit Sandra Mikolaschek war leider schon in der ersten Runde Schluss. Im Doppel zogen die beiden gegen die Koreanerinnen Kang Oe-Jeong/Lee-Mi Gyu mit 2:3 (11:9, 11:13, 12:14, 11:6, 5:11) knapp den Kürzeren.
Es war das packende Spiel auf Augenhöhe, das im Vorfeld zu erwarten war. Mikolaschek/Spegel kamen nicht gut in die Partie, lagen im ersten Durchgang schnell mit 4:8 und 5:9 zurück, ehe sie zu einer furiosen Aufholjagd ansetzten. Mit einem 5:0-Lauf stellten sie den Spielverlauf auf den Kopf und sicherten sich am Ende den ersten Satz.
Auch im zweiten Durchgang waren es zunächst die Asiatinnen, die die Nase vorne und beim 7:10 sogar mehrere Satzbälle hatten. Wieder kämpften sich Mikolaschek und Spegel zurück und hatten beim 11:10 sogar die Chance, die Führung auszubauen. Am Ende gaben sie den Satz mit 11:13 ab. Nach verlorenem zweiten, versprach auch der dritte Durchgang eine Achterbahnfahrt. Dieses Mal legten Mikolaschek und Spegel mit 8:5 vor – und zogen am Ende mit 12:14 den Kürzeren. Das deutsche Team stand mit dem Rücken zur Wand, war gezwungen, den nächsten Satz zu gewinnen, um nicht vorzeitig auszuscheiden. Und die beiden Damen lieferten ab. Mit 11:6 sicherten sie sich den Entscheidungssatz. Dort aber hatten die Deutschen kaum noch etwas entgegenzusetzen. Die Koreanerinnen führten schnell mit 4:2. Am Ende ging der Durchgang mit 11:5 an Korea. Mikolaschek/Spegel sind damit trotz aufopferungsvollem Kampf im Achtelfinale ausgeschieden.
Amanda Fanariotis und die Rollstuhlbasketballerinnen scheitern im Viertelfinale
Die Rollstuhlbasketballerinnen hatten mit den USA und den Niederlanden zwei starke Gegner in der Gruppenphase. In beiden Spielen konnte man im Großen und Ganzen mithalten, allerdings fehlte etwas die Sicherheit im Abschluss. Durch die schlechten Phasen im Spiel geriet man in Rückstand, der gegen die Top-Teams nur schwer aufzuholen ist.
Im Spiel gegen Japan konnte man mit 67:55 den einzigen Sieg in der Vorrunde verbuchen.
Im Viertelfinale wartete dann Kanada auf die deutsche Auswahl. Der Ex-Weltmeister zerstörte den deutschen Traum von einem erneuten Einzug in ein paralympisches Halbfinale recht deutlich. Am Ende hieß es 53:71 für Kanada. Vor allem die kanadische Topscorerin Kady Dandeneau konnte die deutsche Abwehr nicht in den Griff bekommen. Sie erzielte am Ende 33 Punkte.
In der folgende Platzierungsrunde ging es im ersten Spiel gegen Spanien. Hier zeigte die Mannschaft eine sehr gute Leistung und konnte mit 51:45 gewinnen.
Im Spiel um Platz 5 gegen Großbritannien gab es allerdings eine 39:48-Niederlage. Über weite Strecken der Partie agierten beiden Seiten auf Augenhöhe. Aber insbesondere in der Offensive waren bei der deutschen Auswahl immer wieder Phasen dabei, in denen zu wenig Durchschlagskraft vorhanden war, um ein solches Duell am Ende auch zu gewinnen. Somit erreichten die Damen am Ende Platz 6.
Moritz Brückner und das Deutsche Rollstuhlrugby-Team beendet Paralympics sieglos
Die deutsche Rollstuhlrugby-Nationalmannschaft ist als klarer Außenseiter in das Turnier in Paris gestartet. Nachdem die Auswahl alle vier Partien zuvor verloren hatte, musste sich das Team von Trainer Christoph Werner auch Dänemark geschlagen geben und beendet die Paralympischen Spiele als Achter.
Immer wieder schallten „auf geht‘s Deutschland, auf geht‘s“-Fangesänge durch die Pariser Champ-de-Mars-Arena (8100 Plätze). Am Ende brachte die Unterstützung der mitgereisten deutschen Fans nicht den sportlichen Erfolg. Bei den Paralympics verlor die deutsche Rollstuhlrugby-Nationalmannschaft das Spiel um Platz sieben gegen Nachbarland Dänemark mit 49:56 (13:17, 26:31, 39:45) und schließt damit das Turnier als Achter ab.
„Ich weiß nicht, was heute los war“, so Kapitän Marco Herbst. Grundsätzlich fällt sein Turnierfazit aber positiv aus. „Wir haben zwar teilweise hoch verloren, haben aber gezeigt, dass wir lange gut mithalten können. Die USA, die um die Goldmedaille spielen, setzten wir mächtig unter Druck und boten eine Megaleistung. Darauf gilt es aufzubauen. Wir wollen stärker wiederkommen, sodass sich die Gegner schwerer auf uns einstellen können“, betont Herbst.
Quelle: DBS-Pressemitteilungen
Titelbild: Kevin Voigt/DBS